Twitter startet Anzeigendienst

Durch einen Retweet von SwenWacker bin ich auf einen TechCrunch-Artikel aufmerksam geworden, in dem es heißt, dass Twitter gestern damit begonnen hat, Werbung zu schalten. Genau darüber war ja lange (und unter anderem auch von mir) spekuliert worden.

Aus Gründen der viel beschworenen Selbst-Referenzialität der Blogosphäre zitiere ich mich an dieser Stelle selbst:

Ich schätze, dass Twitter langsam damit anfängt, seine Nutzer wieder auf die Web-Oberfläche zu locken. Irgendwann wird auf den Profilseiten Werbung geschaltet werden können und dann hilft es den Vermarktern einfach nicht, wenn kaum jemand die Web-Oberfläche benutzt.
Quelle: „Twitter führt Retweets ein

Und nun stehen wir also vor der Einführung von Werbung. Aber spulen wir zunächst zurück:

Was ist seit meiner Vermutung bei Twitter passiert?

Man hat hauptsächlich einige Nebenkriegsschauplätze aufgerissen, um die Verbreitung von Twitter weiter vorantreiben zu können. Kürzlich ging ein Raunen durch Twitterhausen, weil Twitter den Hersteller eines sehr populären Twitter-Client namens Tweetie aufgekauft hat. Verbunden mit der Ankündigung, den Client weiter zu verbessern und kostenlos im App-Store anzubieten. Und verbunden mit dem Ausblick, eine native Twitter-App für das iPad anbieten zu wollen.

Auch im Bereich der Hyperlokalität von Twitter wurde gefeilt, wie ich vor einigen Wochen schon berichtete. Damit ebnet sich Twitter selbst den Weg, Online-Werbung für einzelne Geschäfte, Bars und Kneipen zu erschließen. Wie es gehen kann, machen derzeit Dienste wie z. B. Foursquare in den USA vor: Viele Geschäfte bieten spontane Rabatte für Foursquare-Nutzer an, die in diesem Moment eingeloggt sind. Ein Trend, der sich sicher auch in Deutschland bald wiederspiegeln wird.

Laut dem TechCrunch-Artikel funktioniert die Werbung bei Twitter bislang so, dass in den Suchergebnissen an erster Stelle ein so genannter „Promoted Tweet“ angezeigt wird. Das müssen wir uns so ähnlich vorstellen, wie die Anzeigen oberhalb der Google-Suchergebnisse. Dass dieses spezielle Suchergebnis nun kein echtes ist, sondern Werbung erfahren wir durch das Kleingedruckte:

Bild: TechCrunch.com

Vorerst bleibt es bei dieser Art von Werbung, ist aus dem Artikel zu lesen. Als nächste Schritte soll es den Entwicklern von Twitter-Clients ermöglicht werden, die Werbetweets auch in den Clients anzeigen zu lassen. Möglicherweise auf Provisionsbasis.

Wie geht es weiter?

Der nächste Schritt sieht demnach vor, „Promoted Tweets“ auch in der Timeline auftauchen zu lassen. Und damit sind wir bei einem Punkt, der mich nachdenklich macht.

Ich hoffe, dass Twitter Schritt zwei und drei nicht verwechselt und dass die Entwickler von Apps und Clients sich sehr sorgfältig überlegen, wie sie „Promoted Tweets“ einführen. Denn es geht ja nicht nur allein darum, dass die Nutzer von Apps und Clients die Werbung sehen sollen – obwohl ich da nicht sonderlich scharf drauf bin – ich möchte zumindest sehen können, dass ich es mit einer Anzeige zu tun habe.

Denken wir mal einen Schritt weiter: Twitter führt die „Promoted Tweets“ flächendeckend ein und die Entwickler meines Lieblingsclients DestroyTwitter sagen sich „Hey, hey! X% Provision, endlich verdienen wir mal was an unserer Arbeit! Das sind nur ein paar Zeilen Code und ein API-Aufruf pro Suchanfrage – das geht los!“

Wenn ich dann beispielsweise nach „Starbucks“ suche – was Quatsch ist, auf die Idee würde ich nicht mal kommen, aber das ist ein anderer Punkt – sehe ich als erstes Suchergebnis den oben gezeigten Werbe-Tweet von Starbucks. In diesem speziellen Fall kann ich mir nun anhand der Formulierung und des Avatar-Bildes denken, dass der Tweet von Starbucks kommt, aber was ist denn, wenn die mal weniger offensichtlich werben?

Ein Einfalltor für Spammer?

Vielleicht „vergessen“ die Entwickler ja, die Tweets in irgendeiner Form als Werbung zu kennzeichnen, um ihre Provision zu erhöhen. Oder vielleicht schaltet mal jemand eine Twitter-Anzeige, um seinen neuesten Trojaner unter’s Volk zu bringen. Von den ganzen Britneys möchte ich mal gar nicht anfangen.

Ich möchte nicht falsch verstanden werden: Twitter ist ein toller Service für den einige Leute Geld im Gegenwert des Bruttosozialproduktes manch eines Inselstaates in die Hand genommen haben. Diese Leute sollen gerne endlich mal was an Twitter verdienen, damit sie meinem neuen Lieblingsspielzeug im Netz nicht den Saft abdrehen. Ich hoffe aber auch, dass die Einführung der „Promoted Tweets“ mit Bedacht vorgenommen wird und dass vor allem auf Seiten der Entwickler von Apps und Clients ein Weg gefunden wird, wie man mit diesen Tweets sinnvoll umgehen kann.

Mal aus Sicht der Werbungtreibenden gedacht

Für die Unternehmen ist diese Art der Werbung natürlich hochinteressant. Bei Starbucks denkt man in erster Linie an Aktionen in den Filialen, die in der Twittersuche oft sehr schnell verloren gehen:

The ads will let businesses insert themselves into the stream of real-time conversation on Twitter to ensure their posts do not get buried in the flow.

Starbucks, for instance, often publishes Twitter posts about its promotions, like free pastries. But the messages quickly get lost in the thousands of posts from users who happen to mention meeting at Starbucks.

“When people are searching on Starbucks, what we really want to show them is that something is happening at Starbucks right now, and Promoted Tweets will give us a chance to do that,” said Chris Bruzzo, vice president of brand, content and online at Starbucks.

When a Twitter user searches for a word an advertiser bought, the promoted message will show up at the top of the results, even if it was written much earlier. The posts say they are promoted by the company in small type, and when someone rolls over a promoted post with a cursor, it turns yellow.
(Schreibt zum Beispiel die New York Times.)

In Deutschland dürften zunächst aufmerksame PR-Abteilungen auf den Zug aufspringen, die missliebige Trends schnell mit einer Gegen-Kampagne bekämpfen wollen. Ich denke an die JaKos, die Nestlés und die Jack Wolfskins dieser Welt.

Wie denkst Du über die Einführung von Werbetweets? Ist Dir das egal, wird es dich stören oder begrüßt Du diese Entwicklung? Kannst Du Dir vorstellen, dass sich diese Art zu werben in Deutschland durchsetzen wird?

3 comments on Twitter startet Anzeigendienst

  1. „[…] bieten spontane Rabatte für Foursquare-Nutzer an, die in diesem Moment eingeloggt sind. Ein Trend, der sich sicher auch in Deutschland bald wiederspiegeln wird.“
    Nachdem in Deutschland der gemeine Twitter-Nutzer nach wie vor zu einer Randgruppe gehört, fällt es mir schwer zu glauben, dass sich ein ähnlicher Foursquare-Trend mit Rabatten und Co. auch in Deutschland fortsetzt. Klar gibt es den ein oder anderen Laden, der dem Major des Ladens gratis Kaffee ausschenkt, aber das bleibt doch eher die Ausnahme. Vielmehr glaube ich, dass die Promoted Tweets von den gleichen Firmen genutzt werden, die derzeit auch Bannerplätze in den kostenlosen Desktop-Twitterprogrammen wie z.B. Tweetie kaufen. Twitter bleibt wohl noch eine ganze Weile die Spielwiese für werbe- und marketingaffine Menschen und auf eben diese Zielgruppe werden wohl auch die Promoted Tweets zugeschnitten, d.h. keine Essensgutscheine und auch keine Rabatte bei Karstadt, leider.

  2. Sehe das ganz ähnlich.

    Allerdings sehe ich auch eine Chance für Client-Entwickler. USP eines Clients könnte sein eben keine Werbung einzublenden. Dafür wären einige Nutzer dann sicherlich bereits ein paar Euros pro Monat zu zahlen. Voraugesetzt der Client ist wirklich professionell mit allem Schnicki-Schnacki

    Ich wäre so ein potentieller Kunde

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