Leistungsschutzrecht und jetzt?

Tja, jetzt ist es also passiert: Der Bundestag hat das unter Bloggern sehr umstrittene Leistungsschutzrecht beschlossen. Während der Bundesverband der deutschen Zeitungsverleger das LSR abgekürzte neue Gesetz begrüßt, zieht der News-Aggregator rivva.de noch vor Inkrafttreten des neuen Gesetzes erste Konsequenzen:

Nichtsdestotrotz, Risiko bleibt. Da ich aber weder einen Rechtsstreit mit den Presseverlagen suche, noch (aus finanzieller Sicht) Lizenzen von ihnen erwerben könnte, stellen sich eigentlich nur zwei Optionen: Zurück zu den Wurzeln und sich allein auf Blogs fokussieren? Dagegen spricht jedoch sofort, dass es mir mit Rivva ungeheuer wichtig ist, eben genau eine Brücke zwischen den verschiedenen Medienformen zu schlagen. Bleibt die andere Möglichkeit …

No Snippet

Durch das Ausschließlichkeitsrecht der Verleger und dabei unvermeidbaren Ansteckungseffekten (wenn der Anreißer eines Blogs schon Verlagstext zitiert), sehe ich mich im Grunde genommen dazu gezwungen, auf Snippets auf rivva.de kategorisch zu verzichten.

Das kann man vermutlich als verfrüht und aktionistisch bezeichnen, denn schließlich muss das Gesetz ja noch durch den Bundesrat. Ich allerdings sehe es ähnlich: Nach allem was ich bislang über den Gesetzestext gelesen habe – wobei das, wie ich fairerweise erwähnen muss ausschließlich Sekundärquellen sind – scheint es ja eine große Rechtsunsicherheit zu geben. Das liegt an teils schwammigen Formulierungen, die offenbar viel Interpretationsspielraum lassen. Vorgestern erst las ich einen empörten Artikel darüber, dass der Gesetzgeber sich so aus der Verantwortung ziehen und den Gerichten konkrete Entscheidungen überlassen zu wollen. Die Online-Abteilung der Süddeutschen geht- obwohl der Verlag selbst das LSR unterstützt – recht kritisch mit dem Thema um, das ist ganz lesenswert.

Aber was heißt das jetzt für uns Blogger? Ich muss gestehen, dass ich den Überblick verloren habe. Irgendwann hieß es mal, dass Blogger nicht betroffen seien, dann wieder dass es Blogger-Lizenzen für 0,00 Euro geben solle – ich weiß nicht, was der aktuelle Stand ist. In aller Regel verlinke ich auf Presseangebote, wenn ich mich zu einem Thema äußern will. Es kommt aber auch vor, dass ich aus einem Artikel kurze Passagen zitiere. Ist das erlaubt? Ich weiß es nicht.

Weil es offenbar vielen anderen Bloggern genau so geht und weil sie vielleicht auch ein kleines bisschen trotzig reagieren, gibt es nun den Aufruf, die Befürworter-Verlage des LSR nicht mehr zu verlinken:

Behandeln wir Verlage doch so, wie sie das Internet behandeln. Geht es darum, einen Verlag zu kritisieren, ist das Nennen von Ross und Reiter unumgänglich. Doch warum sollte man sie loben oder zitieren? Sie wollen doch gar nicht, dass ihre Inhalte verwendet werden. Also schreiben wir uns doch künftig Meldungen aus Quellen zusammen, so wie es hunderte von Online-Redaktionen in der Republik tun. Gibt es einen klaren Urheber, so reicht als Quellenangabe doch “Zeitungsbericht”, “Medienszene” oder “Totholzgemeinde”. Machen Verlage doch auch so. Und dabei sollten wir besonders auf jene Verlage achten, die uns dies eingebrockt haben.

Wie gesagt, eine sehr trotzige Reaktion. Eigentlich will ich mich nicht auf dieses Äquivalent zu „Quelle: Internet“ herablassen, über das wir uns beim Fernsehen und den Zeitungsheinis immer aufregen. Ich will mich eigentlich auch nicht wegen eines blöden, unausgegorenen Gesetzes, das durch Vetternwirtschaft der Kauder-Brüder  zumindest fragwürdige Lobbyarbeit des Springer-Verlages entstanden ist, davon abhalten lassen, einen Artikel aus dem Online-Derivat einer Zeitung zu verlinken und, viel wichtiger, daraus zu zitieren. Vermutlich werde ich das müssen. Aber was ist mit all den alten Einträgen auf Jörn Schaars feiner Seite, in denen ich genau das getan habe? Abmahnfähig? Geht das rückwirkend? Ich weiß es nicht.

Ich glaube, das wird klar: Die Unsicherheit in Sachen LSR ist auch bei mir sehr groß. Bisher hatte ich in Sachen Abmahnungen Glück und ich denke auch nicht, dass eines der größeren deutschen Verlagshäuser sich eines so kleinen Blogs wie dem meinen annehmen wird und mich auf einmal in Grund und Boden abmahnt. Aber man soll ja auch nicht den Teufel an die Wand malen.

Links und Zitate aus Publikationen der LSR-Befürworter zu vermeiden, dürfte schwierig sein, denn die Liste der Unterstützer ist sehr lang. Auf Basis dieser Blacklist hat der SPD-nahe Verein D64 einen URL-Shortener entwickelt, der Links zu LSR-Unterstützern zunächst auf eine eigene Info-Landingpage umleitet, auf denen ein paar Sätze zum Thema stehen. Etwas ähnliches gibt es für selbstgehostete WordPress-Blogs auch als Plugin – so wäre zumindest meine Frage nach alten Links beantwortet. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob das wirklich der Weisheit letzter Schluss ist und ob ich mich von deren „Urteil“ gewissermaßen abhängig machen möchte. Im Zweifel hilft also nur die eigene Recherche, die transparent recherchierte Whitelist von Opalkatze und möglicherweise dieses Bookmarklet für den Firefox, das aber auch nur einen Abgleich der Domain mit der selben Black- und Whitelist durchführt, die auch das D64-Plugin benutzt.

Welche Konsequenzen ich für Jörn Schaars feine Seite aus dem Leistungsschutzrecht für Presseverlage ziehen werde, weiß ich noch nicht. Sicher ist: Bis das Gesetz rechtskräftig wird, muss ich irgendeine Form von Konsequenz ziehen und es wird nicht die sein, dass ich mein Blog dicht mache. Das wäre Quatsch, denn dann hätten die Verlagsheinis gewonnen.