Korinthenkacker

Mein stiller Gruß gebührt heute dem nach wie vor unbekannten Rentner, der mir heute mächtig auf die Ketten gegangen ist, mein lieber Schwan. Dass solche Leute immer so konsequent auf ihrer Meinung beharren müssen!

Alles ging damit los, dass Boyke sein Auto verkaufen wollte. Wir haben also den Wagen zu ihr gefahren und während die beiden das Verkaufsgespräch führten, habe ich meinen Wagen, vermeintlich vorschriftsmäßig, am Straßenrand abgestellt. Auf der anderen Straßenseite, einige Meter hinter mir, stand der Wagen eines Handwerkers, so dass es möglicherweise hätte eng werden können, wenn ein LKW oder ähnliches hätte passieren wollen.

Du ahnst sicher, was jetzt passiert.

Plötzlich stand ein älterer Herr im Eingang des Hauses neben meinem Auto. Nach ein paar Minuten sinn- und tatenlosen Herumstehens begann er damit, sein Garagentor von Spinnweben und dergleichen zu säubern. Als es den Anschein machte, als wolle er seinen dunkelblauen C-Klasse-Mercedes aus der Garage fahren, habe ich einen Meter zurückgesetzt. Nicht weil ich vor seiner Einfahrt gestanden hätte oder weil es zu eng zum rausfahren geworden wäre – nein, ich wollte nur nett sein und einen Meter mehr Platz machen. Die Seitenstraße lag derweil weiterhin in völliger Ruhe.

Der ältere Herr kam einige Minuten später zu mir und es entspann sich folgender Dialog, den ich aus dem Gedächtnis wiedergebe:

Er: Sie hätten jetzt aber nicht zurück setzen brauchen. Sie stehen ja sowieso völlig verkehrt, wenn ich hätte rausfahren wollen, wäre ich rausgefahren und wenn ich Sie angeditscht hätte, hätte ich Sie halt angeditscht.
Ich: Oh, das wäre ja ein Spaß geworden, denn wer in ein stehendes Auto reinfährt, ist immer schuld.
Er: Na das wollen wir doch mal sehen. Sie stehen hier völlig verkehrt. Wenn hier einer vorbei will, das geht so nicht. Wenn Sie hier noch ein bisschen Theater machen, haben Sie eine Anzeige am Hals.

Wir plänkelten noch ein paar Nettigkeiten hin und her, bevor er zum finalen Schlag anhob:

Er: Sie sind ein Ignorant. Aber so ist das mit den jungen Autofahrern, die machen sich Ihre eigenen Gesetze.
Ich: Ja, stimmt. Das ist so ähnlich wie mit den alten Mercedes-Fahrern.

Da war erst mal für einige Sekunden Ruhe, aber auch nur weil jetzt tatsächlich ein LKW in die Straße einbog. Da hatte Herr Dr. Korinthenkack plötzlich wieder Oberwasser. Noch 200m zwischen mir und dem LKW und was sagt mein neuer bester Freund?

„Sehen Sie, der kommt jetzt hier nicht durch wegen Ihnen.“

Zu dem Zeitpunkt hatte ich aber schon den Motor an und musste den Vogel vom Auto wegscheuchen, damit ich Platz machen konnte. Der Depp stand ja schließlich direkt vor mir.

Fazit dieses Tages: Es gibt eben doch genau das Deutschland, mit dem wir im Ausland so gerne konfrontiert werden. Engstirnig, streitlustig, unfreundlich. Es ist ja nicht so, dass ich den Wagen quer auf der Straße abgestellt und dann drei Wochen auf die Malediven geflogen wäre. Nein, die Aktion hat höchstens 20 Minuten gedauert und ich saß die ganze Zeit im Auto. Hätte wirklich ein Problem bestanden, das der Rede wert gewesen wäre, hätte ich es ja eingesehen. Feuerwehreinsatz in der Straße, der Aufmarsch mehrerer Hundertschaften Polizei und Staatsschutz zur Verhinderung einer deutsch-nationalen Großkundgebung – kein Ding. Aber für 20 Minuten parken in einer Seitenstraße so einen Aufriss?