Japan: Twitter experimentiert mit kostenpflichtigen Premium-Accounts

Vorhin habe ich es bei Techcrunch gelesen: Der japanische Ableger von Twitter, Twicco, ist gerade dabei, kostenpflichtige Premium-Accounts einzuführen. Der Clou: Nicht die Inhaber dieser Premium-Accounts sollen dafür zahlen, sondern deren Follower.


Die japanischen Twitterer sind von der restlichen Welt ein wenig abgeschnitten, heißt es u. a. bei Techcrunch. Das mag einerseits an der Sprachbarriere liegen, andererseits heißt es, dass Twitter Japan schon länger eine Art Spielwiese für neue Features sei.

Dort wird nun also damit begonnen, ein Geschäftsmodell zu etablieren. Das könnte mit einem der Investoren, Digital Garage, zusammenhängen, der in Japan seinen Firmensitz hat. Deren Vorsitzender, Kenichi Sugi, hat nach Techcrunch-Informationen diese Woche verlautbaren lassen, dass Twitter das Modell ab Januar 2010 in Japan testen werde.

Demnach soll jeder Inhaber eines Premium-Accounts selbst festlegen können, ob und wenn ja wie viel den Followern für den Zugriff auf Tweets, Links, Bilder usw. berechnen möchte. Die Zahlungen würden dann monatlich anfallen, könnten über Kreditkarte abgerechnet werden und beliefen sich auf Summen zwischen 100 und 1.000 Yen, also zwischen 0,77 € und 7,70 €.

Sowas in der Art soll Twitter-Gründer Biz Stone schon mal angedacht haben. Allerdings finde ich es sehr überraschend, dass die Follower der Premium-Accounts dafür bezahlen sollen und nicht die Account-Inhaber selbst.

Und jetzt überlegen wir mal ernsthaft: Für welche Premiuminhalte würde ich denn zahlen wollen? Die Links, die @gillyberlin den ganzen Tag herumschickt sind teilweise super, aber wären mir kein Geld wert. (Sorry, Gilly!) Die Abstrusität mancher Tweets von @hermsfarm ist mitunter beeindruckend, aber motiviert mich auch nur bedingt, dafür zahlen zu wollen. Also dann mal Butter bei die Fische, liebe Leser: Könnt Ihr Euch vorstellen, für die Tweets einiger Twitternutzer zu bezahlen? Und wer könnte das sein?

Ich sehe gerade ein kleines Horrorszenario vor mir aufziehen: Auf einmal werden 90% der Twitterer Geld für ihre Tweets verlangen wollen und nur die Marketingleute, Britneys, Work-Life-Balance-Coaches und Politspammer werden ihren Kram noch kostenlos anbieten. Als Service an der Menschheit, versteht sich.

Ganz so düster ist die Twitter-Zukunft sicher nicht, aber sie könnte es werden. Ich werde das auf jeden Fall sehr genau im Auge behalten, was in Japan passiert.

Nebenbei gefragt: Kann das eigentlich irgendjemand lesen, was die so schreiben? Nein? Na ja, wird schon irgendwie gehen.

(Quelle: Twitter Japan To Introduce Paid Premium Accounts Next January, mehr Infos dazu auch bei thenextweb.com und Brand Republic)

Update: Wie Techcrunch am Samstag berichtete, gab es kurz nach dem Bericht über die Premium-Accounts eine Pressemitteilung von Digital Garage, wonach die ganze Nummer nur ein Missverständnis gewesen sei. Ich nehme mal an, dass es vor allem aus Japan entsprechend großen Gegenwind von Seiten der Nutzer gab.

2 comments on Japan: Twitter experimentiert mit kostenpflichtigen Premium-Accounts

  1. Oder es wird genau umgekehrt. Große, bekannte Twitterer mit teilweise sehr exklusiven Inhalten könnten sich einen Premium-Account zulegen und ihre Follower vor allen anderen mit Infos versorgen. Hier würde wohl der zeitliche Faktor eine wesentliche Rolle spielen.

  2. Bleibt trotzdem die Frage, wie exklusiv die Inhalte sein können, damit man dafür bezahlt. Wenn schon normale Werbung (Banner oder AdSense) bei einigen einen Brechreiz hervorruft…

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