Gelesen: 'Papa, ich geh zum Zirkus!'

Titelbild von 'Papa, ich geh zum Zirkus!'„Papa, ich geh zum Zirkus“ ist – glaube ich – das erste eBook, das ich je gelesen habe. Keine Ahnung weshalb, aber bisher konnte ich mich dem Medium eBook gegenüber noch nicht recht erwärmen. Und das obwohl ich tagtäglich stundenlang Sachen am Bildschirm lese – warum sollte ich das nicht auch mit Büchern tun?

Wie auch immer, meine eBook-Premiere habe ich als sehr gelungen empfunden, was vermutlich an der lockeren Schreibe von Sascha Bors liegen dürfte. „Papa, ich geh‘ zum Zirkus!“ ist – abgesehen vom Umfang – geschrieben wie ein Blogeintrag: Sprachlich auf einem angenehmen Niveau und auf diese heimelige Weise authentisch, wie es eben nur wenige Autoren hinbekommen.

Inhaltlich ist „Papa, ich geh zum Zirkus“ gewissermaßen das Prequel zu Sashs Blog „Gestern Nacht im Taxi„, in dem er aus dem Alltag eines Berliner Taxifahrers berichtet, der ausschließlich Nachtschichten schiebt. Im Buch geht es nun – wie bei Vorgeschichten üblich – darum, wie Sash zum Taxifahren kam. Allerdings findet die eigentliche Vorbereitung auf den Job als Taxifahrer im Buch nur sehr wenig Platz, den überwiegenden Teil nehmen Geschichten aus Schul- und Zivizeit und die Suche nach der eigenen Bestimmung ein.

Ich konnte nicht anders, als beim Lesen immer wieder Pausen einzulegen, in denen ich mich an meinen eigenen Weg zurückerinnerte. Die mediokre Schulzeit, die mich erst unterforderte, später – ohne dass ich es recht bemerkte – rechts überholte und mich schließlich fast am Straßenrand stehengelassen hätte. Die Frage nach der Bestimmung im Leben und wie diese zu erreichen sein könnte, die Zweifel, die Rückschläge, die Diskussionen mit meinen Eltern und wie sich am Ende alles auflöst.

Das geht schon gleich im ersten Kapitel und dem Besuch im Berufsinformationszentrum des Arbeitsamtes los. Das lief bei uns etwas anders, bei uns kam das BIZ in Gestalt eines dicklichen, mürrischen, alten Mannes zu uns in die Schule. Reihum hatten wir bei ihm anzutreten und unseren Berufswunsch zu nennen. Er fragte dann die Schulnoten ab, die seiner Meinung nach zum gewählten Beruf passen würden (also entweder Deutsch und Englisch oder Mathe und Physik) und teilte anschließend mit, dass man mit dem Notenschnitt eigentlich für den gesamtdeutschen Arbeitsmarkt nicht vermittelbar sei und man höchstens … na eigentlich fiele ihm auch nichts geeignetes ein. Das ging denen so, die studieren wollten, das erlebten die die eine Lehre zum Bürohengst anstrebten und erst recht Leute wie ich: Mäßig interessiert mit einer Leidenschaft für einen Beruf über den er nichts wusste. Und mit „nichts wusste“ meine ich nicht sein übliches Nichtwissen über die Entwicklungen am Arbeitsmarkt in den vergangenen 30 Jahren, sondern – wie in meinem Fall – den Beruf des Radiomoderators, der in seiner Welt nicht existierte, weil das nun mal kein Ausbildungsberuf im klassischen Sinne ist. Trotzdem musste er ja bei uns das Gefühl aufrecht erhalten, dass es eine Ausbildung nur über ihn und den Zugang zu einem Studium nur mit seiner Gnade geben würde. Kurz: Ich habe mich an erstaunlich vielen Stellen von „Papa, ich geh‘ zum Zirkus!“ selbst wiedergefunden.

Vielleicht liegt meine Freude über das Buch daran, vielleicht auch an der Tatsache, dass ich im Rahmen der letzten re:publica nach einem Kneipenabend mit Jo das große Vergnügen hatte, mich von Sash zum Hostel fahren zu lassen. Auch wenn die Fahrt seinerzeit recht kurz war, war es doch sehr nett in Sashs 1925 genanntem Taxi und seitdem lese ich immer mal wieder in seinen diversen Blogs mit. So gesehen ist es dann doch wieder völlig klar, weshalb ich mich mit dem eBook sofort wohl gefühlt habe: Ich kannte ja die Schreibe schon aus den Blogs und ich kannte den Typen dahinter zumindest von einer gemeinsamen Taxifahrt.

Aber auch sonst möchte ich behaupten, dass sich der geneigte Leser mit „Papa, ich geh zum Zirkus“ gut amüsieren kann. Das Buch dürfte bei etwa 100 Seiten liegen und liest sich flüssig. Ich habe etwas mehr als zwei Stunden gebraucht, also für die meisten Gelegenheiten eine hervorragende Lektüre für eine mittellange Bahnfahrt. Die Unterteilung in in sich abgeschlossene Kapitel erlaubt es auch, das eBook immer mal wieder wegzulegen. Wenn man das denn will, ich wollte es nicht.

Andere Rezensionen, weitere Infos und ein Probekapitel gibt es in Sashs Blog „Gestern Nacht im Taxi„. Der Autor hat mir das eBook kostenlos für die Rezension zur Verfügung gestellt.

10 comments on Gelesen: 'Papa, ich geh zum Zirkus!'

  1. Dann lasse ich Dich neben allerlei vorhersehbarem Dank für die Rezension doch einfach mal nicht dumm sterben: Das Partnerprogramm funktioniert auch bei eBooks, im Falle von meinem sind es 16 Cent, die beim NYC-Guide hängenbleiben müssten (wenn sie nicht zigtausende Artikel vermitteln und dadurch eine höhere Provision bekommen).
    Wie gesagt: Danke und … äh: Weitermachen! 🙂

Kommentare sind geschlossen.