Der lange Schatten der Kieler Woche 2013

Das offizielle Plakat der Kieler Woche 2013
Das offizielle Plakat der Kieler Woche 2013

Wenn die erste Suchanfrage „kieler woche 2013“ im Blog auftaucht, dann ist es an der Zeit, sich auch mal mit dem Thema auseinander zu setzen. Über das Programm der diesjährigen KiWo habe ich bislang noch nicht viel gehört. Allein: Die Fantastischen Vier werden am 28., also am zweiten Kieler Woche-Freitag, auf der Hörnbühne auftreten. Für 29,95 €.

Die Bühne an der Hörn hat im vergangenen Jahr enorm viel Kritik einstecken müssen, weil das Musikprogramm dort plötzlich nicht mehr kostenlos sein sollte. Der Veranstalter verlangte ein – eher symbolisches – Eintrittsgeld von 5,- €. Daraufhin brach ein Sturm der Entrüstung los: Auf Twitter, Facebook & Co kursierten schnell die ersten Boykottaufrufe und allenthalben wurde das Ende der Kieler Woche in ihrer bekannten und beliebten Form heraufbeschworen.

Wer versuchte für den Veranstalter zu argumentieren, bieß bei den Kritikern auf Granit: Konzerte – ja überhaupt alle Veranstaltungen der Kieler Woche – haben nach deren Worten gefälligst kostenlos zu sein. Trotzdem verlangt das Publikum selbstverständlich nur die hochkarätigsten Musik Acts, kostenlose Parkplätze direkt an der Bühne und wenig bis gar kein Gedränge. Was ich dabei schon gar nicht mehr auf dem Zettel hatte: Das sieht zwar grundsätzlich auch die Kommunalpolitik so, genehmigt sich aber ein zugekniffenes Auge, wenn es beispielsweise um das „Gewaltig leise“-Festival auf der Krusenkoppel geht, das schon seit jeher zwischen 15 und 20 Euro kostet. Pro Konzert, versteht sich. Gerade der Aspekt Kommunalpolitik ist drüben bei Danielas Gedanken in einem sehr schönen Rant nachzulesen.

Aber ich schweife ab.

29,95 € für ein Konzert auf der Kieler Woche. Das ist ganz schön happig und das ist in meinen Augen tatsächlich eine etwas bedauerliche Entwicklung. Bei allem Verständnis für die wirtschaftlichen Herausforderungen, die die Pacht des Geländes und das von der Stadt aufoktroyierte Sicherheitskonzept darstellen, klingen knapp 30 € im ersten Moment doch sehr happig. Andererseits wissen wir natürlich noch nichts, über das restliche Programm der Hörnbühne. Es könnte natürlich sein, dass die Fanta 4 als Top Act bewusst teurer gemacht wurden, um ein Debakel wie mit den Söhnen Mannheims 2011 zu verhindern. Damals hatten die Privatradios den Ansturm der Massen entweder völlig unterschätzt oder bewusst einkalkuliert. Mit der Folge, dass das übliche Besuchskonzert von „Ach, wenn wir eine Stunde vor dem Konzert da sind, ist das früh genug.“ auf einmal nicht mehr funktionierte: Drei Stunden vor Beginn des Konzerts musste die Security den Veranstaltungsbereich schließen, weil schon zu viele Besucher drin waren. Drinnen gab es zu wenig Essen und Trinken, keine Toiletten und vor allem definitiv nicht die Möglichkeit, kurz raus und wieder rein zu gehen. Denn vor den Toren standen tausende wütende Menschen, die gern rein wollten und die niemanden vorgelassen hätten. Die Ereignisse führten dazu, dass sich die Privatradios komplett von der Kieler Woche zurückzogen. (Wobei das nur bedeutet, dass sie nicht mehr ihren Namen an die Bühne pappen, keine Moderatoren mehr schicken und keine Werbung mehr für das Event machen.)

VIELLEICHT ist der Preis für das Konzert also bewusst so hoch angesetzt, um einen ähnlichen Effekt zu vermeiden. Denn ganz ehrlich: Der geneigte Kieler Woche-Besucher kann die Einführung des Eintritts nun für eine Erfindung des KiWo-Grinchs hochstpersönlich halten, aber wenn er die Fantastischen Vier nur ein kleines bisschen gut findet, dann würde er sich von 5 Euro Eintritt vermutlich nicht vom Besuch abhalten lassen. Jetzt könnte sich der Veranstalter natürlich denken „Ich setze einfach den Preis und damit die Schwelle hoch, nehme den Sturm der Entrüstung und die schlechte Presse in Kauf, habe aber unter dem Strich deutlich weniger Stress und die Einnahmen stimmen trotzdem.“ Ob das wirklich so ist, sprich: ob die anderen – möglicherweise nicht ganz so hochwertigen – Konzerte an der Hörn günstiger oder gar gratis sind, das werden wir erst Anfang Juni erfahren, wenn das Bühnenprogramm offiziell der Öffentlichkeit präsentiert wird.

Für mich bleibt festzuhalten:

  • Bis zur Kieler Woche 2013 sind es noch mehr als 150 Tage. Bis dahin läuft noch eine Menge Wasser in die Kieler Förde.
  • Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird.
  • Auch in diesem Jahr werden wieder tausende vor der Hörnbühne stehen und kostenlosen Einlass begehren.
  • Auch in diesem Jahr wird es wieder Aufrufe wie „Boykottiert die Bühne an der Hörn!“ und „Boykottiert den Kommerz der Kieler Woche!“ geben.
  • Tickets für ein reguläres Konzert der Fantastischen Vier kosten normalerweise knapp 60 Euro.

Was ist Deine Meinung dazu? Ist Eintritt für ein Konzert bei der Kieler Woche gerechtfertigt oder doch eher der Untergang des Abendlandes? Gibt es etwas dazwischen?

19 comments on Der lange Schatten der Kieler Woche 2013

  1. Ich find das Grütze, und zwar aus vielerlei Gründen. Mich stören nicht die 30 Euro – geschenkt. Aber erstens mal ist dieser höher, schneller, weiter-Anspruch an die Kieler Woche dafür verantwortlich, dass den Rest des Jahres in Kiel mal konkret gar nichts los ist. Und um solche Bands unterzubringen, ist der Standort einfach nicht geeignet, der Platz ist nunmal begrenzt. Ich kann mich aus meiner Kinderheit noch erinnern, dass die Kieler Woche einfach ein gigantisches Kleinkunst- und Amateurband-Festival war. Da zog man von Zelt zu Zelt und kriegte jeden Abend ganz neue Welten präsentiert. Und auch mit größeren Bands ist es doch so, dass du eigentlich ne halbe Stunde hier kucken willst, und dann ziehst Du halt weiter ins nächste Zelt und kuckst da ne halbe Stunde. Dieses Megaband-Konzept ist nicht nur viel zu aufwändig, sondern meiner Meinung nach auch viel zu weit weg vom Kieler Woche-Geist, da musst Du nämlich den ganzen Abend für verplanen. Sollen die Fanta 4 doch im September in die Dings-Arena kommen, meinetwegen auch für 60 Euro.

  2. Ich bin Deiner Meinung, wenn es um die Erwartungshaltung der Menschen geht. Seit 2008 bin ich beim Fördeflüsterer und ich kann mich immer noch nicht daran gewöhnen, wie wir – die wir lediglich eine KonzertÜBERSICHT herausgeben – mit bösen Mails und Kommentaren auf allen Ebenen geflutet werden, warum denn das Programm auf den Bühnen so schrecklich unattraktiv sei und dass früher nur die absoluten Top-Acts sich die Klinke in die Hand gegeben hätten. Irgendwann landet man dann bei Ina Deter für lau im Volkspark und so. (… Allerdings bekommen wir auch Beschwerden, wenn irgendwas an der KiWo-App fürs iPhone nicht funktioniert, ich denke, da verstehen einige Menschen den Unterschied zwischen Anbieter und Informationsverteiler nicht ….)
    Sprich: Die Erwartungshaltung ist bei vielen Menschen sehr hoch und Sätze wie „ich möchte bei Top Acts gemütlich an der Bühne vorbeischlendern können“ zeigen m.E. deutlich, dass da ein Stückchen Logik einfach fehlt.

    Trotzdem ärgere ich mich ein wenig. Warum müssen „gewaltig leise“ und die kostenpflichtigen Hörn-Konzerte denn unbedingt zeitgleich zur Kieler Woche stattfinden? Zwar denke ich nicht, dass in Kiel sonst gar nix los ist, aber ansonsten stimme ich Miriams Ansatz zu: Ich habe schon zwei Mal reichlich Kohle für die Fantas ausgeben – gut investiert, BTW – und hätte nichts dagegen, wenn sie statt im Juni einfach im Mai oder im Juli oder im August vorbeikommen, dann vielleicht auf die Krusenkoppel für 40 Euro oder so.

  3. Bisschen unglücklich gelöst an dieser Stelle: Facebook-Kommentare und Tweets, die ein neues Plugin ins Blog zerrt, also bitte über die Dopplungen nicht wundern.

    Zu den Kommentaren: Da ist doch die Frage: Was hat diesen Trend ausgelöst? Sind es die Pächter der Flächen, die ihren Gastronomen immer mehr Umsätze versprechen? „Ich hole lieber einen großen Namen auf eine größere Bühne, dann machen bei die Leute bei mir die Umsätze“ als Leitgedanke? Oder ist es tatsächlich der Anspruch des Publikums, immer bessere, immer tollere Bands sehen zu wollen? Grundsätzlich finde ich nicht, dass in Kiel wenig Konzerte stattfinden. Zumal seitdem ich in Heide wohne. 🙂 Was fehlt, sind vielleicht Open Air-Konzerte, denn in der Ostseehalle und seit Kurzem auch immer mehr im Max passiert eigentlich eine Menge.

    Es ist natürlich schwierig wieder zu den von Miriam skizzierten Ursprüngen zurück zu kommen. Einerseits wegen der „Forderungen“ des Publikums und andererseits wohl auch wegen des Anspruchs der Stadt, sich mit dem größten Volksfest Nordeuropas oder Norddeutschlands oder whatever schmücken zu wollen.

    Knifflige Angelegenheit.

  4. Bisschen unglücklich gelöst an dieser Stelle: Facebook-Kommentare und Tweets, die ein neues Plugin ins Blog zerrt, also bitte über die Dopplungen nicht wundern.

    Zu den Kommentaren: Da ist doch die Frage: Was hat diesen Trend ausgelöst? Sind es die Pächter der Flächen, die ihren Gastronomen immer mehr Umsätze versprechen? „Ich hole lieber einen großen Namen auf eine größere Bühne, dann machen bei die Leute bei mir die Umsätze“ als Leitgedanke? Oder ist es tatsächlich der Anspruch des Publikums, immer bessere, immer tollere Bands sehen zu wollen? Grundsätzlich finde ich nicht, dass in Kiel wenig Konzerte stattfinden. Zumal seitdem ich in Heide wohne. 🙂 Was fehlt, sind vielleicht Open Air-Konzerte, denn in der Ostseehalle und seit Kurzem auch immer mehr im Max passiert eigentlich eine Menge.

    Es ist natürlich schwierig wieder zu den von Miriam skizzierten Ursprüngen zurück zu kommen. Einerseits wegen der „Forderungen“ des Publikums und andererseits wohl auch wegen des Anspruchs der Stadt, sich mit dem größten Volksfest Nordeuropas oder Norddeutschlands oder whatever schmücken zu wollen.

    Knifflige Angelegenheit.

  5. > Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird.

    Dafür erst mal mindestens 5€ ins Phrasenschwein 😉

    Ansonsten sehe ich es wie Miriam. Kleinkunst- und Amateurbands, sollten viel mehr unterstützt werden. Top-Acts sollen Top-Acts bleiben aber haben eigentlich nichts auf der KiWo verloren. Klar, wenn man höher,schneller, weiter macht, dann können nur Kommerz, Konzepte und Eintritt in schwindelerregender Höhe helfen. Der KiWo ist das nicht zuträglich.

    War es nicht eigentlich mal eine Segler-Veranstaltung? Heute ist das nur noch eine große stadtweite Massenveranstaltungs-Kirmes, ausgerichtet auf Gewinnmaximierung ohne Seele und Herz. Schade.

  6. > Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird.

    Dafür erst mal mindestens 5€ ins Phrasenschwein 😉

    Ansonsten sehe ich es wie Miriam. Kleinkunst- und Amateurbands, sollten viel mehr unterstützt werden. Top-Acts sollen Top-Acts bleiben aber haben eigentlich nichts auf der KiWo verloren. Klar, wenn man höher,schneller, weiter macht, dann können nur Kommerz, Konzepte und Eintritt in schwindelerregender Höhe helfen. Der KiWo ist das nicht zuträglich.

    War es nicht eigentlich mal eine Segler-Veranstaltung? Heute ist das nur noch eine große stadtweite Massenveranstaltungs-Kirmes, ausgerichtet auf Gewinnmaximierung ohne Seele und Herz. Schade.

  7. Das Volksfest gehört für mich schon dazu, denn auch wenn es das Stadtmarketing immer behauptet, segelt ja bei weitem nicht jeder Kieler. Von daher ist das schon eine gute Sache, denke ich. Und eine Massenveranstaltung im Jahr verträgt die Stadt glaube ich ganz gut.

  8. Das Volksfest gehört für mich schon dazu, denn auch wenn es das Stadtmarketing immer behauptet, segelt ja bei weitem nicht jeder Kieler. Von daher ist das schon eine gute Sache, denke ich. Und eine Massenveranstaltung im Jahr verträgt die Stadt glaube ich ganz gut.

  9. Fantavier sind gut und schön, aber nicht zur KiWo. Dahin gehören Bands wie von Miriam beschrieben. Und die Fantavier an der Hörn? Nur ein Bruchteil der Interessenten passt da hin – geht gar nicht. 5 Mio Besucher streben die Veranstalter immer gern an. Davon dürfen dann so 2000, also 0,04 Prozent an die Hörn – Tolles „Volksfest“. Die Hörn boykottieren!!

  10. Fantavier sind gut und schön, aber nicht zur KiWo. Dahin gehören Bands wie von Miriam beschrieben. Und die Fantavier an der Hörn? Nur ein Bruchteil der Interessenten passt da hin – geht gar nicht. 5 Mio Besucher streben die Veranstalter immer gern an. Davon dürfen dann so 2000, also 0,04 Prozent an die Hörn – Tolles „Volksfest“. Die Hörn boykottieren!!

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